Begegnung mit der echten Monroe
Andy Warhol, Roy Lichtenstein und Co. in Burgdorf: Das Museum Franz Gertsch zeigt weltberühmte Werke von Pop-Art-Künstler*innen. Auch Franz Gertsch flirtete mit der bunten und reduzierten Bildsprache der Pop Art. Davon zeugen bisher selten ausgestellte Gemälde des Künstlers.
Kuratorin Anna Wesle spricht von einer Sensation. Manche Leute würden sie fragen, ob der Warhol und der Lichtenstein im Museum Franz Gertsch in Burgdorf auch wirklich echt seien. Tatsächlich ist es nicht selbstverständlich, solche Meisterwerke der Pop Art zeigen zu können. Mit der Ausstellung «Louisiana Visits Franz Gertsch» ist deshalb ein Coup gelungen: Fast 50 Kunstwerke von 30 Künstler*innen aus der Sammlung des Louisiana Museum of Modern Art im dänischen Humlebæk sind in der grossangelegten Ausstellung zu sehen. Darunter Malerei, Fotografie, Arbeiten auf Papier und Druckgrafiken. Sie treten mit selten gezeigten Gemälden des Hauskünstlers Franz Gertsch in einen Dialog.
Man taucht ein in die politisch und künstlerisch aufregenden Jahre der 1960er- und 1970er-Jahre. Aber auch zeitgenössische Werke der darauffolgenden Generation sind zu sehen – «Post-War and Contemporary Art in Dialogue» lautet der Untertitel der Schau. Epizentrum der Ausstellung bildet das grossformatige – es beträgt 272,5 mal 423 cm – Gemälde «Figures in Landscape» von Roy Lichtenstein aus dem Jahr 1977. Der 1923 geborene und 1997 verstorbene Maler war im Louisiana Museum of Modern Art mehrfach ausgestellt worden. «Figures in Landscape» schuf der New Yorker im Auftrag des dänischen Museums, und gehört heute zu dessen Sammlung. «Es gibt Bezüge zum Museum Louisiana, das am Wasser liegt», so Anna Wesle. Lichtenstein malte es in seinem ikonischen, von Comics beeinflussten Stil, was alles andere als ein traditionelles Landschaftsbild hervorbrachte: Es zeigt den Blick auf den Meereshorizont, ein Segelschiff und Möwen. Die Blondine – inspiriert von Lichtensteins Ehefrau Dorothy – wird dekonstruiert.

Marylin und Maria
Mit Andy Warhol (1928-1987) ist auch das Enfant Terrible und zugleich der wichtigste Vertreter der Pop Art mit von der Partie. Gezeigt wird in Burgdorf die zehnteilige Siebdruck-Serie «Marilyn Monroe» von 1967. «Ich denke, Franz Gertsch hätte es spannend gefunden, mit seinen Altersgenossen zusammen präsentiert zu werden», so Anna Wesle. Gertsch, der 2022 verstarb, war zwei Jahre älter als Warhol und erlebte das Aufkommen der Pop Art mit.

Auch er flirtete daher mit der Pop Art, bevor er zum wichtigen Schweizer Vertreter des Fotorealismus wurde, der nach meist eigenen Fotovorlagen malte: Seine Collage «Ohne Titel (Maria)» von 1969 zeigt eine Frauensilhouette, die aus Flächen in poppigen Farben besteht. «Es ist der wohl reduzierteste Gertsch, den es gibt, bevor der Künstler, der sich stets als figurativer Maler verstand, eine ganz andere Richtung einschlug», so Wesle.
Von starkem Realismus ist auch das vom damaligen Zeitgeist geprägte Gemälde «Vietnam» aus dem Jahr 1970, eines der seltenen explizit politischen Werke Gertschs. Das Gemälde zeigt verletzte Soldaten. «Franz Gertsch wurde für das wunderschön gemalte Blut gelobt und befand, dass diese Rezeption eine falsche Richtung nehme», so Wesle.

Und was treibt die Generation nach den Hippies um? Pop und Psychedelik wirken weiter. Die 1981 in Atlanta geborene Künstlerin Shara Hughes etwa präsentiert mit «Pop», ein Gemälde von 2021, den Blick auf ein Mohnfeld, mit Mohnkapseln, die scheinbar jeden Moment aufpoppen können.