Off the Record N°7: Katharina Altas
Katharina Altas ist Literaturagentin. Off-the-record macht sie das, was sie auch im Literaturbetrieb tut: Für die Kultur ein Wort einlegen und sie ermöglichen.
«Dann mach doch Limonade, Bitch», das Theaterstück von Kim de l’Horizon, lief im März im Schlachthaus Theater. Die Vorstellungen waren ausverkauft. Handlungsort ist der Verdauungstrakt eines Monsters namens Schlurz. Vier Lebewesen liefern sich an diesem unwirtlichen Ort einen Wettbewerb, eine Art Casting-Show. Im Hintergrund leuchtet eine Leiter als Notausgang. Ich möchte hier nicht auf die vielen Details des sehr unterhaltsamen Theaterstücks eingehen und auch nicht auf die ausgezeichnete schauspielerische Leistung, sondern auf die Sprache.
Es ist die faszinierende Kim-de-l’Horizon-Sprache, die vor allem laut gesprochen ihre Wirkung entfaltet, die gespickt ist mit Anglizismen, die viele Wortneuschöpfungen hervorbringt und in die ich mich zuerst eindenken musste. So ging es mir übrigens auch beim Lesen von «Blutbuch», dem preisgekrönten Werk von Kim de l’Horizon.
Sprache bildet unsere Wirklichkeit ab, sie macht sie wörtlich fassbar; die de-l’Horizon-Sprache bringt eine neue Wirklichkeit hervor. Eine Realität also, die Menschen im Dazwischen abbildet und das Dasein oder ihr Sosein verständlich macht. Oder eine Realität, in der gesellschaftliche Werte und Gewissheiten relativiert werden.
Ich gebe zu, es braucht ein bisschen Anstrengung, sich in diese neuen Sprachwelten hineinzubegeben. Aber sie sind mit ihrer verspielten und verdrehten Art eine Einladung, die Wirklichkeit anders zu sehen.
Wenn Sprache unsere Sicht auf die Welt bestimmt und durch die Art des Sprachgebrauchs Machtgefüge abgebildet und zementiert werden, dann zertrümmert de l’Horizon dieses Machtgefüge und lässt uns manchmal ratlos, manchmal amüsiert zurück. Getreu nach dem Sprichwort: Wenn dir das Leben Zitronen schenkt, dann mach doch Limonade daraus, wird aus einer ausweglosen Situation ein Spiel der Wirklichkeiten.
Diese Form der Sprachdekonstruktion trägt viel dazu bei, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und neue Sichtweisen einzunehmen. Was diese Sprachkritik mit anderen Diskursen eint, ist der Wille, festgefügte Rollen- und Genderbilder aufzulösen. Unsere Sprache ist einem stetigen Wandel unterlegen. Heute werden junge Frauen nicht mehr mit Fräulein angesprochen und die Sprache Gotthelfs ist im Alltag nicht mehr in Gebrauch. Mir fällt kein Zacken aus der Krone, wenn ich meinen Sprachgebrauch hinterfrage und mir überlege, wie ich etwas formuliere, damit sich alle angesprochen fühlen.